Klausen - Schweich

 

Als ich nach unten zum Frühstück gehe, haben die Damen vom Dorfladen kurzerhand nur einen Tisch gedeckt für die Dame aus der Schweiz, einen jungen Herrn und mich. Das ist klasse! Und das ist genau das, was dieser Dorfladen ist! Ach, Kinders, tut mir leid, ich bin einfach total begeistert von hier!

 

Wir reden und reden und es stellt sich heraus, dass der Herr auch zu Fuß unterwegs nach Trier ist. Ich vergesse völlig, ihn zu fragen, welchen Weg er gegangen ist, denn hier in Klausen treffen sich der Mosel-Camino und Eifel-Camino. Dann muss ich aber aufpassen, dass ich nicht wieder die Zeit verdüddel, weil ich mir ja auch noch die Kirche (gestern wurde gerade zum Gottesdienst geläutet, da ging es nicht und hinterher war ich so in meine Limonade versunken) ansehen will. Die ist ein echtes Schmuckstück und ich brauche eine ganze Weile.


Als ich am Ende in die Gnadenkapelle gehe, ist die Schweizerin mit ihrem Gebet, in dem ich sie nicht stören wollte, fertig. Ich will ihr zum Abschied eigentlich nur die Hand geben, aber sie umarmt mich ganz fest und ganz herzlich.

 

 

 

Kinders, soll ich euch mal was sagen: Das sind die Sachen, die mir hier einfach fehlen! Die Wanderer, die ich bisher getroffen, kann ich locker an vier Händen abzählen. Aber von denen hebe ich mich mit meinem Riesenrucksack einfach ab. Sie sind nett und wir wechseln auch immer ein paar Worte, aber das ist eben nicht DAS! Ich mag die Einsamkeit beim Gehen. Aber das Wir-watschlen-den-gleichen-Weg-Gefühl, sich in Bars - oder hier eher Gaststätten - zu treffen, sich zu umarmen, weil man sich freut, sich zu sehen, sich austauschen, sich zu erzählen, wie der Tag war und wie man den Weg fand, und vor allem nachts in einem Zimmer zu schlafen, zusammenzusein - das fehlt mir hier so! Niemand sagt hier grinsend "ich hab schon mal einen café con leche für dich bestellt" und der einzige Pilger, diese Stinkesocke von gestern, war so unfreundlich! Darum genieße ich diese Umarmung so sehr!

 

Ich hole noch schnell meinen Rucksack aus dem Dorfladen, den ich dort stehen lassen durfte, kaufe mir noch ein paar Kleinigkeiten für den Weg und mache mich langsam und fast ein bisschen wehmütig wieder auf die Socken.

 

 

 

Das Wetter ist heute nicht so wirklich dolle, aber das macht die Beine leichter, als an heißen Tagen. Darum mache ich in Klüsserath auch nur einen kurzen Stopp, um mir in diesem Einkaufswagen der etwas anderen Art zwei Bananen zu kaufen.


Kennt ihr solche Wagen noch? Bei uns war es der Eiermann, der einmal die Woche (ich glaube, es war immer donnerstags) durch unsere Straße fuhr . Dann muss ich doch mal lachen, denn als er schon ein paar Meter weitergefahren ist, kommt noch eine Dame wild mit den Armen fuchtelnd aus einem Haus weiter hinten gerannt. Der Wagen stoppt und fährt dann kurzerhand zurück, damit  sie nicht so weit wetzen muss. Das ist so ... heimelig!


Weiter habe ich heute keinen Menschenkontakt, was mir, so lieb umarmt, wie ich bin, ein bisschen in den Bauch fährt. Ich habe diese Einsamkeit gewollt, ich habe sie genossen, aber jetzt ist auch mal wieder gut damit!


Der Weg ist schön, führt über Felder und Wiesen, an Schafen vorbei über eine Kuppe, durch Wälder und Weinberge, aber mir ist kruddelig.


Umso mehr freue ich mich, als ich in Schweich vor der Kirche stehe und der junge Pilger vom Frühstück aus einer Gaststätte kommt und mich begrüßt. Das ist so schön! Das ist so ... ach, ist das schön! Wie denn mein Tag war? Ob ich den Starkregen (bei mir hat es nur ein bisschen genisselt, aber ich war auch mindestens eine Stunde hinter ihm) gut überstanden habe? Ob ich schon wüsste, wo ich schlafe? - Nee, in seinem Hotel (das direkt gegenüber der Kirche - nur mal eben so) sei teuer und das Zimmer hässlich. Die Touristeninformation ist gleich da links-rechts. Sehen wir uns später? - Das ist sooooo .... - ach so, das hab ich schon geschrieben.

Weil ich eben noch kein Zimmer habe, gehe ich in die Touristeninformation, wo der Herr eigentlich schon den Feierabend eingeläutet hat, für mich extra noch einmal den PC anwirft und ich total nett geholfen kriege! Die Dame, die hier auch eine Pilgerherberge eingerichtet hat, erreichen wir leider nicht, also rufe ich in einer Pension an, die etwas außerhalb aber nicht weit vom Camino entfernt liegt und bekomme da für relativ kleines Geld ein Zimmer mit direktem Zugang zur Terasse und zum Garten, wo ich in Ruhe und sehr schön meine Füße auslaufen kann. Ich dusche, gehe noch einmal zurück zur Kirche und hoffe, dass mich der junge Pilger wiederentdeckt, aber der scheint sich bereits in sein müffeliges Zimmer zurückgezogen zu haben. Schade. Ich hätte gerne noch ein bisschen mehr Pilgerfeelig gehabt.

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